
Im Handelsstreit zwischen den USA und China haben sich die beiden Kontrahenten am vergangenen Wochenende darauf verständigt, die jeweiligen Zölle deutlich zu senken. Die von US-Präsident Donald Trump am 02.04.2025 eingeführten „reziproken“ Aufschläge auf chinesische Produkte werden in Summe von 125 % auf 30 % gesenkt. China wird seine Gegenzölle auf US-Waren von 125 % auf 10 % reduzieren. Dies gilt zunächst ab dem 14. Mai für 90 Tage. In diesem Zeitraum wollen beide Nationen weiter verhandeln. Wenige Tage zuvor wurde der erste „große Deal“ verkündet: Die USA und Großbritannien haben die Lieferung von 13.000 Tonnen zollfreiem US-Rindfleisch, eine zollfreie Quote für Ethanol aus den USA, die Zollbefreiung für Stahl und Aluminium sowie die Senkung des US-Zolls auf britische Autos von 27,5 auf 10 Prozent vereinbart. Allerdings muss beachtet werden, dass in etwa nur 90.000 Fahrzeuge von britischen Herstellern in die USA verkauft werden. Ansonsten bleibt der pauschale „Strafzoll“ in Höhe von 10% in Kraft. Also auch hier: Es kommt weniger schlimm, als am 02.04.2025 gedacht, aber in der Tendenz werden neue bzw. zusätzliche Handelszölle erhoben.
US-Zölle nach wie vor auf dem höchsten Niveau seit 1941
Bei all den scheinbar positiven Entwicklungen der vergangenen Tage sollte man daher Folgendes im Hinterkopf behalten: Die Rating-Agentur Fitch schätzt, dass der effektive Zollsatz in den USA jetzt bei 13,1 % liegt. Das wäre ein deutlicher Rückgang gegenüber den zwischenzeitlich berechneten 22,8 %, die vor den aktuellen Abkommen (Großbritannien, China) fällig waren. Aber 13,1 % sind aber immer noch ein Niveau, das zuletzt 1941 erreicht wurde. Und es ist viel höher als die 2,4 %, die noch Ende 2024 galten. Die Bayerische Landesbank hat (auch wenn ihr Ergebnis von der Fitch-Schätzung etwas abweicht) die folgende Zusammensetzung der aktuellen US-Zölle errechnet:
Die „Reduzierung“ durch die jüngste Verabredung mit China ist besonders hervorgehoben. Und egal, ob 13,1% (Fitch) oder 14,7% (Bayerische Landesbank) – es wird bei Belastungen für Exporteure, Importeure und Verbraucher bleiben. Donald Trumps neue Ära des Protektionismus droht zwar weitestgehend an wirtschaftspolitischen Realitäten abzuprallen. Bis zum Sommer jedoch hängt das Damoklesschwert der weitgehend aufgeschobenen Strafzölle über der Weltwirtschaft, insbesondere über den USA selbst.
Und die Aktienmärkte? Steigen in neue Sphären!
Morgan Stanley hatte unlängst geschätzt, dass Zölle in Höhe von 25 % auf Waren aus Mexiko und Kanada und 10 % auf Importe aus China die Gewinne des S&P 500 bis zum Jahr 2026 insgesamt um 5 % bis 7 % verringern könnten. Sinkende Gewinne sind eigentlich kein Umfeld, in welchem sich Aktienkurse deutlich nach oben bewegen. Zumindest damit ist aber die aktuelle „Underperformance“ der US-Aktien gegenüber den europäischen Aktienindizes erklärt. Und Investoren sollten daran denken: Im Moment liegt der China-Zoll nicht bei 10% sondern bei 30 % (!). Dennoch überrascht die V-förmige Erholung der europäischen Märkte, die auch wir so nicht für wahrscheinlich gehalten haben. Sehen Sie selbst:

Quelle: DZ Bank AG / infront
Der deutsche Leitindex DAX hat innerhalb von 5 Wochen nicht nur sämtliche Verluste aus dem „Zoll-Chaos“ verdaut sondern neue Allzeit-Hoch´s notiert. Da der US-Dollar sich nicht in starkem Maße erholen konnte, legt es durchaus den Schluss nahe, dass verstärkt (US-)Investoren in europäische Aktien umschichten. Auch die jüngsten Statistiken der „ETF-Flow´s“ deuten darauf hin:
Für die Märkte sowohl in den USA als auch in Europa stellt sich die Frage, wie eine erwartete De-Eskalation der Handelspolitik mit einer bevorstehenden Verlangsamung der US-Wirtschaft in Einklang gebracht werden kann. Können Risikoanlagen einige Quartale mit schwächerem Wachstum und schwächeren Erträgen „überstehen“? Umschichtungen zu Gunsten Europa könnten ein Anzeichen dafür sein, dass – auch wenn die Unsicherheit bzw. das Damoklesschwert der endgültigen Zölle über den Märkten schwebt und die US-Unternehmen mit rückläufigen Gewinnen in den kommenden Quartalen zu kämpfen haben werden – der europäische Aktienmarkt dennoch Unterstützung findet. Damit erhöht sich die Chance, dass Korrekturen (die angesichts des schnellen Anstiegs eigentlich einsetzen sollten) nicht zu neuen Tiefstständen führen sollten. In den USA hingegen bleibt die Situation spannend, zumal europäische Investoren in US-Aktien bei einem weiterhin schwachen USD über die Währung Verluste erleiden. Wir sehen daher, wie schon in diesem Blog Wie lange hält die Outperformance der Euro-Börsen an? – Volksbank Kraichgau – Familiy Office Volksbank Kraichgau – Familiy Office beschrieben, durchaus die Chance, dass sich europäische Aktien besser als die US-Pendants entwickeln werden.
Quellen: dpa-AFX, DZ Bank AG, Bayerische Landesbank, Bernecker „Die Actien-Börse“
Disclaimer: Dieses Dokument wurde durch die Volksbank Kraichgau eG erstellt. Es dient ausschließlich lnformationszwecken und stellt weder ein öffentliches Angebot noch eine Aufforderung zur Abgabe eines Angebots zum Erwerb von Wertpapieren oder Finanzinstrumenten dar. Dieses Dokument ist keine Finanzanalyse. Alle hierin enthaltenen Bewertungen, Stellungnahmen oder Erklärungen sind diejenigen des Verfassers des Dokuments und stimmen nicht notwendigerweise mit denen dritter Parteien überein. Die Volksbank Kraichgau eG übernimmt keine Haftung für unmittelbare oder mittelbare Schäden, die durch die Verteilung und/oder Verwendung dieses Dokuments verursacht werden und/oder mit der Verteilung und/oder Verwendung dieses Dokuments im Zusammenhang stehen. Eine Investitionsentscheidung bezüglich irgendwelcher Wertpapiere oder sonstiger Finanzinstrumente sollte auf der Grundlage eines Beratungsgesprächs sowie Prospekts oder Informationsmemorandums erfolgen und auf keinen Fall auf der Grundlage dieses Dokuments. Die Inhalte dieses Dokuments entsprechen dem Stand zum Zeitpunkt der Erstellung des Dokuments. Sie können aufgrund künftiger Entwicklungen überholt sein, ohne dass das Dokument geändert wurde.