Wasserstoff ist die Nummer eins im Periodensystem. Kein anderes Element ist leichter und es ist ein regelrechtes Synonym für Energie. Bestes Beispiel hierfür ist die Sonne, denn diese besteht zu 92% aus Wasserstoff. Um Wasserstoff zu produzieren benötigt man zunächst Wasser (H2O), welches in Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) aufgespaltet wird. Dieser Prozess nennt sich Elektrolyse und bedarf einer großen Menge an Strom. Wir fokussieren uns nachfolgend auf sogenannten „grünen Wasserstoff“. Dieser entsteht durch eine klimaneutrale Produktion, also wenn durch Strom, welcher aus der Wind- oder Wasserkraft gewonnen wird, kein zusätzlicher CO2-Ausstoß bei der Elektrolyse erfolgt.
Wasserstoff zur Energiegewinnung
Mit grünem Wasserstoff kann in einem Reaktor in Verbindung mit Kohlendioxid synthetisches Methan erzeugt werden. Dieses Gas könnte problemlos im Erdgasnetz gespeichert werden und dann wiederum Industrieanlagen versorgen oder Haushalte beheizen. Alternativ könnte das Gas mit Hilfe eines Kraftwerks auch wieder Strom erzeugen. Da Strom schlecht lagerbar ist und erneuerbare Energiequellen nur in Abhängigkeit des Wetters Strom erzeugen, könnte Wasserstoff also dabei helfen, die klimaneutrale Stromproduktion an den konstanten Bedarf der Verbraucher anzupassen und damit die fossilen Brennstoffe Kohle und Öl Stück für Stück ablösen.
Wasserstoff für Flugzeuge und E-Fahrzeuge
Ein weiteres Einsatzgebiet von Wasserstoff sind Mobile jeglicher Art, insbesondere Flugzeuge und E-Fahrzeuge. Beginnen wir mit dem Blick auf Flugzeuge. Hier könnte Wasserstoff bald eine wichtige Rolle spielen, denn aus Wasserstoff kann flüssiger Treibstoff hergestellt werden. So wird, wie bereits beschrieben, aus Wasserstoff und Kohlendioxid zunächst synthetisches Methan erzeugt (Power-to-Gas) und anschließend weiter aufbereitet, damit am Ende E-Diesel, E-Benzin oder E-Kerosin entsteht (Power-to-Liquid). Vereinfacht gesagt: Umweltfreundliches Kerosin. Bei E-Fahrzeugen eignet sich Wasserstoff als Alternative zur bislang favorisierten Batterie. Mithilfe eines Brennstoffzellensystems wird Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft vereint – das Resultat hieraus ist Wasser und Strom. Damit kann zum Beispiel ein E-Fahrzeug (PKW oder LKW) angetrieben werden. Und der Clou: dieser Prozess kann während der Fahrt fortwährend erfolgen, sodass das Reichweiten- und Größenproblem der bisher in E-Fahrzeugen eingesetzten Batterien der Vergangenheit angehört. Weitere signifikante Vorteile von wasserstoffbasierenden Antrieben wären, dass man nicht auf die Gewinnung von Seltenen Erden angewiesen wäre (aus ethischer und klimatischer Sicht ein extrem heikles Thema) und dass das bislang ungelöste Problem der umweltfreundlichen Entsorgung von Batterien entfällt.
Förderung der Wasserstofftechnologie
Bis es soweit ist, dass Haushalte, Kraftwerke und die (Fahrzeug-)Industrie Wasserstoff nutzen können, müssen noch einige Meilensteine überwunden werden. Stand heute ist die Produktion sehr teuer und sehr energiereich. Der Wirkungsgrad der Elektrolyse ist bislang gering: Aktuell liegt dieser bei 59%. Laut Agentur für Erneuerbare Energien soll der Wirkungsgrad bis 2030 allerdings auf mindestens 70% ansteigen. Das heißt, die benötigte Energie, um Wasserstoff herzustellen, soll deutlich abnehmen.
Auch die Bundesregierung erkennt, dass grüner Wasserstoff ein Ansatzpunkt gegen das, durch fossile Brennstoffe verursachte, CO2-Dilemma sein kann. Bis 2026 stehen insgesamt 2 Mrd. EUR bereit, um die Hersteller von Brennstoffzellenkomponenten und den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur zu unterstützen. Bayern hat sich vorgenommen, Gaskraftwerke auf mittelfristige Sicht mit dem synthetischen Methan arbeiten zu lassen. Die fünf Bundesländer im Norden Deutschlands planen bis 2035 eine nahezu vollständige Versorgung des Industrie- und Verkehrsbereich mit grünem Wasserstoff.
Doch auch auf globaler Ebene wird die Förderung der Wasserstofftechnologie vorangetrieben. So haben Anfang 2020 insgesamt 18 Länder eine Strategie für ein Wasserstoffbasiertes-System vorgelegt. Japan, Österreich und die Niederlande stellen die Wasserstoffwirtschaft ins Zentrum ihrer Energiepolitik. Und in den Niederlanden und Dänemark wird sogar die Erzeugung und der Export von grünem Wasserstoff in industriellem Maßstab geplant.
Wasserstoff in der Geldanlage
Eines ist klar: Wasserstoff hat Potential und spielt auf dem Weg zur Klimaneutralität bis ins Jahr 2050 eine sicher nicht unwesentliche Rolle. Damit weckt das Element auch bei den Kapitalmarktinvestoren ein immer größeres Interesse. Zwischenzeitlich konnte ein regelrechter Hype auf sogenannte „Wasserstoffaktien“ beobachtet werden. Darunter fallen häufig kleinere Unternehmen, deren Kurse stark von Angebot und Nachfrage weniger Investoren beeinflusst werden. Bei solchen, teils hoch illiquiden Titeln, sollte man entsprechende Vorsicht walten lassen und sich seinen eigenen Risikoappetit vor Augen halten. Wasserstoffinvestments sind aber nicht nur unter den „Zocker-Papieren“ vertreten. Im Gegenteil, es sind auch namhafte Standardaktien, sogar DAX-Konzerne wie RWE oder Linde, in dieser Branche vertreten.
Quellen
BayernLB: Megatrend Energie und Klimawandel
Agentur für Erneuerbare Energien e.V.
SWR Aktuell – Klimazentrale
Platow Börse vom 06.07.20
Frankfurter Börsenbrief 28/2020