
Nicht nur in unserem Blog sondern auch in der Wirtschaftspresse ist in den vergangenen Wochen immer wieder die Rückkehr der Inflation ein Thema. So war zu lesen, dass in den USA Google-Suchen nach dem Begriff „Inflation“ auf einen neuen Rekordwert stiegen. Und auch die aktuellen Schwankungen an den Aktienmärkten werden meist mit der Angst vor der Inflation erklärt. Wobei sich die „Angst vor der Inflation“ eher darauf bezieht, dass eine hohe Unsicherheit darüber herrscht, wie lange und vor allem wie stark die Inflation ansteigen wird – und ob ein zu starker Anstieg die großen Notenbanken zu einer Abkehr ihrer expansiven Geldpolitik zwingen wird. An dieser Stelle ein Blick auf die historische Entwicklung der Inflation in Deutschland:

Sie sehen ganz rechts außen sind die blauen Balken (relevant ist die linke Y-Achse) in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen und nähern sich der berühmten „2%-Marke“ an. Kein Wunder, dass dieses Thema immer mehr Interresse auf sich zieht.
Die wichtigsten Theorien zur Inflation
Zum Thema Inflation existieren einige Theorien und nachfolgend möchten wir einige davon etwas genauer beleuchten, wobei wir uns auf wesentliche Aussagen begrenzen werden. Dies wären:
- Mehr Geld im Umlauf = höhere Inflation
- Die Inflation wird falsch gemessen
- Der Ölpreis bestimmt die Inflation
- Inflation ist schlecht für die Börse
Zu Theorie 1: Mehr Geld im Umlauf = höhere Inflation
Der Ökonom Milton Friedman hat den berühmten Satz formuliert: “…Inflation is always and everywhere a monetary phenomenon…“, also Inflation ist immer ein monetäres Phänomen. Damit brachte er zum Ausdruck, dass Inflation nur entstehen kann, wenn die Geldmenge schneller wächst als die Gesamtproduktion bzw. das Wirtschaftswachstum. Allerdings ist es ergänzend zur Entwicklung der Geldmenge auch wichtig, ob und wie schnell Geld im Wirtschaftskreislauf zirkuliert (=sog. „Quantitätstheorie“ – auch von Milton Friedman postuliert). Dies bedeutet also, dass Inflation nicht zwingend entstehen muss, nur weil die Geldmenge rasant zunimmt. Dies ist auch ein Grund dafür, weshalb die Europäische Zentralbank (EZB) in Europa bereits im Jahr 2014 die Einlagesätze für Gelder, welche die Banken bei der EZB unterhalten, auf ein negatives Niveau senkte – um die Banken zu animieren, großzügig Kredite zu vergeben und somit Geld in den Wirtschaftskreislauf zu bringen. Als Fazit lässt sich festhalten, dass Theorie 1 für sich alleine genommen nicht stimmt.
Zu Theorie 2: Die Inflation wird falsch gemessen
Mit Sicherheit kennen sie den folgenden Effekt: Steigende Preise für Rohöl führen früher oder später zu steigenden Preisen für Pkw-Kraftstoffe und Heizöl – und werden daher durch den Verbraucher sehr schnell und genau wahrgenommen. Die sogenannte „gefühlte“ Inflation ist daher in der Regel höher als die offiziell gemessene Inflation. Hieraus resultiert der häufig geäusserte Verdacht, dass die vermeldete Inflation falsch gemessen oder sogar gezielt „manipuliert“ wird. Doch dies entspricht nicht den Tatsachen. Vielmehr wird bei der EZB immer wieder kontrovers über die verschiedene Messmethoden diskutiert. Doch egal, wie man es dreht und wendet, der verwendete „Musterwarenkorb“ der behördlichen Statistiker weicht von demjenigen einzelner Haushalte nun mal mehr oder weniger stark ab. Nicht zu vergessen ein wichtiges psychologisches Muster: selbst geringe Preiserhöhungen von Gütern des täglichen Bedarfs (zum Beispiel für Butter) werden eher wahrgenommen und in Erinnerung behalten als starke Preisrückgänge für Güter, welche seltener erworben werden (wie etwa für Reisen oder jahrelang für Artikel der Unterhaltungselektronik). Unser Fazit lautet daher salomonisch: gemessen wird richtig, nur nicht „das Richtige“ für alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen.
Zu Theorie 3: Der Ölpreis bestimmt die Inflation
Notenbanker betonen häufig die Veränderung der sogenannten Kerninflationsrate, welche die Entwicklung der Rohstoffpreise außen vorlässt. Der Grund ist nachvollziehbar: Auf fixe Steuern und CO2-Abgaben, die den Endpreis fossiler Energieträger beeinflussen, wirkt die Geldpolitik nun mal nicht. Allerdings ist durchaus festzuhalten: Auch wenn Einfluss fossiler Brennstoffe in den letzten Jahrzehnten realwirtschaftlich gesehen spürbar nachgelassen hat und gleichzeitig Dienstleistungen heutzutage ein größeres Gewicht im Warenkorb haben, bestimmt der Ölpreis die Veränderung der Inflation noch immer in hohem Maße, wie nachfolgende Grafik eindrucksvoll zeigt:

Gemäß der Statistik der EZB weisen Dienstleistungen (in gelb) sowie Nahrungsmittel (in grün) nur mäßige Veränderungen auf, wohingegen Energiepreise (blau) stark schwanken und die Inflationsrate deutlich beeinflussen. Aus unserer Sicht bestimmt der Ölpreis die weit gefasste Inflationsrate also weiterhin.
Zu Theorie 4: Inflation ist schlecht für die Börse
In den 70er-Jahren, als gleichzeitig stark steigende Inflation und Stagnation des Wirtschaftswachstums herrschten, wurde der Begriff „Stagflation“ geprägt. Dieses Phänomen, auch oft als „schlechte Inflation“ bezeichnet, bescherte Aktionären nach Abzug der Inflation große Verluste. Wir würden also die Theorie „Stagflation ist schlecht für die Börse“ bejahen. Die andere Seite der Medaille ist die sogenannte „gute Inflation“ also ein Umfeld moderat steigender Inflation bei gleichzeitig starkem Wirtschaftswachstum. In diesem Umfeld können Unternehmen in der Regel höhere Einkaufspreise über (noch) höhere Verkaufspreise (über-)kompensieren, so dass die Margen und ceterus paribus die Unternehmensgewinne steigen. Und steigende Unternehmensgewinne hatten bislang langfristig noch immer positive Effekte auf Aktienkurse. Aus unserer Sicht ist daher zutreffend: Stagflation ist schlechte Inflation und auch schlecht für die Börse. Aber es gibt auch eine „gute Inflation“, welche steigenden Aktienkursen nicht entgegensteht.
Quellen: EZB, www.tagesanzeiger.ch, Wikipedia, m+c Asset Allokation GmbH