Quo Vadis, Bitcoin?

Bitcoin

Artikel aus Quartalsbrief Quartal III 2017

Seit einigen Wochen gewinnt ein Thema einen immer größeren Stellenwert in der täglichen Berichterstattung der Nachrichtenagenturen: Die Entwicklung des Bitcoin.  Bitcoin ist die wohl bekannteste Kryptowährung und konnte per 30.09.2017 in diesem Jahr bereits um über 75% zulegen. Doch dies ist nur ein geringer Wertzuwachs, sofern man bedenkt, dass Investoren im Jahr 2013 gerade einmal 13 USD für einen Bitcoin bezahlten. D.h. wir sprechen in der Spitze von einem Anstieg von über einer Million Prozent (!). Aus unserer Sicht höchste Zeit, das Thema Kryptowährungen im Allgemeinen und Bitcoin im Speziellen näher zu betrachten.

Zunächst – was ist ein Bitcoin?

Die Idee des Bitcoin ist nicht neu. Ironischerweise tauchte die Idee hierfür auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise 2008 auf. Ein Absender Namens „Satoshi Nakamoto“ versandte eine E-Mail an hunderte Experten für Kryptografie und beschrieb in dieser E-Mail das neue elektronische Zahlungssystem. Welche Person genau hinter dem Absender steckt, und damit der „Vater“ des Bitcoin ist, ist im Übrigen bis heute nicht belegt.

Hinter dem Konzept des Bitcoin und hinter allen Kryptowährungen steht die Kryptografie, also die Wissenschaft der Verschlüsselung. Fangen wir am besten ganz vorne an, beim Entstehen eines Bitcoin: Hierfür benötigen Sie drei Dinge: Einen Computer, sogenannte „Mining-Software“ und möglichst niedrige Strompreise.

Mit dieser Grundausstattung müssen Sie einem sog. „Mining-Pool“ beitreten. Dadurch entsteht ein dezentrales Rechenzentrum aus vielen hundert oder tausend Nutzern bzw. „Minern“, welche die Rechenleistung Ihres Computers zur Verfügung stellen und gemeinsam versuchen, eine kryptografische Aufgabe zu lösen. Ist dies gelungen, wurde ein Bitcoin gefunden. Fachlich ausgedrückt müssen Sie Hash-Bestätigungsprozesse in SHA256 mit doppelten Runden ausführen.

Einfach beschrieben: Denken Sie an ein Würfelspiel mit vielen Teilnehmern. Jeder, der dreimal in Folge eine „6“ würfelt, hat die „Aufgabe“ gelöst und einen Bitcoin gefunden. Derzeit werden pro Stunde weltweit ca. 75 Bitcoins gefunden. Insgesamt gibt es im Moment rund 16,7 Millionen Stück. Da die maximale Anzahl auf 21 Millionen Stück begrenzt sein soll, sind voraussichtlich im Jahr 2039 alle Bitcoins gefunden.

Spätestens dann müssten die „Miner“ auf andere Kryptowährungen umsteigen. Doch bereits heute gibt es weitere Kryptowährungen, welche analog dem Bitcoin als etabliert bezeichnet werden können: Ethereum, Ripple und Bitcoin cash. Und dann noch über 1.000 andere…. 

Kryptowährungen bzw. Bitcoin erhält man allerdings nicht nur über das „Mining“, sondern es können über Plattformen Bitcoins gekauft werden. Interessant dabei ist, dass nicht nur ein ganzer Bitcoin sondern auch Bruchstücke erworben werden können. Kauf und Verkauf werden auf den Handelsplattformen in einer Währung nach Wahl abgerechnet, die Plattformbetreiber erhalten eine geringe Gebühr von 0,2% bis 0,5% des Gegenwertes.

Bitte denken Sie allerdings daran, dass Bitcoins nicht physisch existieren. Sie benötigen zur Aufbewahrung und zum Transport keine klassische Geldbörse in der Hosentasche, sondern eine virtuelle Geldbörse, ein „Wallet“. Hier wird zwischen „Hot Wallets“ und „Cold Wallets“ unterschieden. Hot Wallets werden online für Sie „verwahrt“, die Sicherung erfolgt über einen Schlüssel, welcher wiederum aus 12 Zufallswörtern generiert wird. Ein „Cold Wallet“ hingegen ist z.B. ein USB-Stick, auf welchem Sie Bitcoins speichern können. Sobald der USB-Stick nicht mehr am Rechner hängt, besteht keine Gefahr mehr, durch einen Hackerangriff den Bitcoin zu verlieren.

Und damit sind wir beim nächsten spannenden Thema: Sicherheit…

Um dies beurteilen zu können, müssen mehrere Aspekte betrachtet werden. Bezogen auf Bitcoin kann in Technologie und Netzwerk unterschieden werden. Im digitalen Raum heißt die größte Gefahr: Hacker. Theoretisch kann jedes Netzwerk geknackt werden, doch das dezentrale Netzwerk von „Minern“ besteht aus tausenden Usern weltweit. Und mehr als die Hälfte müsste ein Hacker übernehmen, obwohl niemand weiß, wo die einzelnen Rechner stehen. D.h. ein erfolgreicher Hackerangriff auf ein bestehendes Miner-Netzwerk ist derzeit extrem unwahrscheinlich.

Um die Sicherheit der Technologie von Bitcoins beurteilen zu können, muss das Buchungssystem, die sogenannte „Blockchain“ betrachtet werden. Die Blockchain enthält alle notwendigen Anweisungen und Informationen über die Anweisung oder dem Empfang von Zahlungen. Auch diese Informationen sind auf tausenden von Rechnern auf der ganzen Welt verteilt. Dabei handelt es sich um ein „Peer-to-Peer-Netzwerk“, innerhalb dessen die Rechner sich alle 10 Minuten abgleichen.

Alle Transaktionen können dabei eingesehen werden, d.h. welche Bitcoin-Adresse sendet wieviel Bitcoins an eine andere Bitcoin-Adresse. Die Personen hinter den Bitcoin-Adressen hingegen sind anonym. Veränderbar ist die Blockchain nicht und durch das kryptografische Verschlüsselungsverfahren ist die doppelte Ausgabe eines Bitcoins fast unmöglich.

Zuletzt muss die Verwahrung des Bitcoins betrachtet werden, hier liegt vermutlich die größte Unsicherheit. Bei der Verwahrung eines Bitcoins obliegt es dem Eigentümer, welche Verwahrmöglichkeit er verwendet. Hier raten Experten dazu, Bitcoins in Wallets zu verwahren (s.o.) und nicht bei Handelsplattformen liegen zu lassen. Denn hier gab es in der Vergangenheit – allen Sicherungen zum Trotz – bereits erfolgreiche Hackerangriffe. So sollen im Jahr 2016 rund 120.000 Bitcoins von der Plattform „Bitfinex“ gestohlen worden sein und im Jahr 2014 waren es auf der Plattform „Mt. Cox“ sogar rund 650.000 Bitcoins.

Wie kann mit Bitcoins bezahlt werden?

Japan und Australien haben Bitcoin bereits zum offiziellen Zahlungsmittel erhoben. Doch auch in Restaurants in Berlin können Sie damit bereits bezahlen. Dies funktioniert beispielsweise via Apps (Bsp. Bitpay, BitGo oder Kraken) auf Ihrem Smartphone. Die hohen Wertschwankungen des Bitcoin-Kurses behindern allerdings die Akzeptanz als Zahlungsmittel. Denn wer bezahlt schon in Bitcoins, wenn er sich morgen einen höheren Kurs erhofft? Oder wer akzeptiert Bitcoins, wenn er damit rechnet, dass der Wert am nächsten Tag geringer sein wird?

Der tatsächliche Umsatz in Bitcoins bei normalen Einkäufen ist entsprechend gering. In den deutschen Großstädten gibt es bisher rund 120 Geschäfte oder Online-Anbieter, die Zahlungen in Bitcoins akzeptieren. Der tägliche Bedarf zum Leben lässt sich durch Bitcoins daher derzeit nicht ansatzweise decken.

Was sind Vor- und Nachteile von Kryptowährungen gegenüber unserem derzeitigen Währungssystem?

Kryptowährungen können i.d.R. nicht beliebig vermehrt werden. Sie bieten daher einen gewissen Schutz gegenüber Inflation. In der wachsenden Staatsverschuldung sehen viele die Gefahr, dass eines Tages ein Schuldenabbau nur über Inflationierung gelingen kann. Die massiven Anleihekäufe der Zentralbanken wie der Federal Reserve oder der Europäischen Zentralbank werden als erster Indiz in dieser Richtung interpretiert. Die Attraktivität der Kryptowährung kann insofern als Misstrauen gegenüber der Zentralbankpolitik interpretiert werden.

Ergänzend verläuft der Zahlungsverkehr unabhängig von Banken und Staaten, wodurch niedrigere Transaktionskosten als Vorteil genannt werden. Es handelt sich sozusagen um das „Geld des Volkes“.

Dennoch haben Kryptowährungen gegenüber dem vorherrschenden Geldsystem bedeutende Nachteile. Gerade die Limitierung der Menge bringt die Gefahr von großen Preisschwankungen mit sich: Denn sofern die Realwirtschaft stark wächst, würde daraus eine erhöhte Nachfrage nach Bitcoins entstehen. Diese erhöhte Nachfrage würde dazu führen, dass der Wert von Bitcoins stark zunimmt.

Die Preise für Güter und Dienstleistungen müssten wiederum gesenkt werden, damit sie noch gekauft werden können. Es kommt also zu einer Deflation. Bliebe die Erwartung erhalten, dass der Wert des Bitcoins weiter steigt, könnten die Marktteilnehmer sogar ihren Konsum weiter aufschieben, was eine regelrechte Deflationsspirale auslösen könnte.

Ein weiterer wesentlicher Nachteil eines Kryptowährungsregimes ist, dass keine Möglichkeit besteht, stabilisierend einzugreifen. Zentralbanken können in unserem heutigen Währungssystem zumindest den Versuch unternehmen, ausgleichend auf wirtschaftliche Entwicklungen zu wirken. So wird in Rezessionen, die deflatorisch wirken, mehr Geld zur Verfügung gestellt, um die Preise stabil zu halten. In Boomphasen, in denen Geld reichlich vorhanden ist, sollen Zinserhöhungen die Kosten der Geldaufnahme verteuern und somit das Geldangebot verknappen. Bei einer virtuellen Währung sind derartige Stabilisierungen nicht mehr möglich.

Als Fazit lässt sich derzeit sagen, dass einerseits virtuelle Bitcoins in der realen Welt „angekommen“ sind, weshalb wir alle uns hiermit beschäftigen sollten. Andererseits sind aktuelle Warnungen vieler Experten vor „Blasenbildung“ und „Betrug“ gerade bei neuen Kryptowährungen nicht von der Hand zu weisen.

Zuletzt folgender Aspekt: In einem Artikel in Focus Money aus dem Jahr 2011 ist davon zu lesen, dass die maximale Bitcoin-Anzahl wohl im Jahr 2130 erreicht werden wird. Inzwischen wurde diese Hochrechnung auf das Jahr 2039 korrigiert. Ein Zeichen des technischen Fortschritts, welcher im Augenblick keine Grenzen zu haben scheint. Daher sind Neugier und Interesse genauso gefordert wir Vorsicht und Vernunft.