Nachhaltigkeit in der Geldanlage Teil 2 – Was ist eine nachhaltige Geldanlage?

Welche Kriterien müssen für eine nachhaltige Geldanlage erfüllt sein? Genau wie bei der allgemeinen Erläuterung des Begriffs Nachhaltigkeit, gibt es auch hier keine einheitliche Definition. Dies liegt zum einen daran, dass sich die verwendeten Kriterien durchaus noch von Anbieter zu Anbieter bzw. auch zwischen den Produkten unterscheiden können. Zum anderen geht der Ansatz der nachhaltigen Geldanlage weit über Umwelt- und Klimathemen hinaus und umfasst Unternehmen wie auch Staaten. Umschreiben könnte man die „Nachhaltige Geldanlage“ wohl am ehesten so, dass sie die klassischen Kriterien der Rentabilität, Liquidität und Sicherheit um ökologische, soziale und ethische Bewertungspunkte ergänzt.

Was sind „ESG-Kriterien“?

Für die Analyse von Unternehmen – aber auch Staaten – gibt es eine Reihe von Kriterien, die weit verbreitet sind. Meistens werden diese in die Bereiche Umwelt, Soziales und Unternehmensführung unterteilt. Entsprechen ihrer englischen Pendants Environmental, Social und Governance ergibt sich hieraus das bekannte Akronym ESG.

Nachfolgend aufgelistet sind 16 Einzelkriterien, aus denen so für jedes Unternehmen eine ESG-Bewertung generiert werden kann. Diese sind allerdings nicht normiert, sodass dies nur ein Beispiel darstellt. Jeder Anbieter von ESG-Research bzw. Analyst kann seine Bewertung aus mehr aber auch aus weniger Datenpunkten erstellen:

Environmental (Umwelt): Ressourcenverbrauch, Emissionen, Produktinnovation, Klimawandelstrategien

Social (Soziales): Produktverantwortung, lokale soziale Auswirkungen, Menschenrechte, Mitarbeiterdiversität, Mitarbeiterstandards, Mitarbeitertraining, Gesundheit und Sicherheit, Versammlungs- und Gewerkschaftsfreiheit, Durchsetzung von Nachhaltigkeitsstandards bei Zulieferen

Governance (Unternehmensführung): Vorstands- und Aufsichtsfunktionen, Unabhängigkeit der Gremien, Vergütung, Vision und Strategie, Aktionärsrechte, Geschäftsmodell (Umsatz mit nachhaltigen Geschäftsfeldern), Verankerung des Nachhaltigkeitsmanagements auf Vorstands- und Aufsichtsratseben, der Umgang mit Whistle Blowing

Das Ergebnis dieser Kriterien wird normalerweise zu einer Kennzahl, dem „ESG-Score“, verdichtet, welcher zum Beispiel einen Wert zwischen 0 (flop) und 100 (top) annehmen kann. Für eine gezielte Auswahl nachhaltig wirtschaftender Unternehmen sind valide Information über deren entsprechenden Aktivitäten nötig. Die steigende Zahl der Veröffentlichung von Nachhaltigkeitsberichten durch Unternehmen bieten dabei eine Hilfestellung bei der Bestimmung der Nachhaltigkeits-Qualität des entsprechenden Unternehmens.

Konkrete „nachhaltige“ Anlageprozesse in der Praxis Teil 1: „Ausschlusskriterien

Als ersten nachhaltigen Anlageprozess stellen wir die Anwendung von Ausschlusskriterien vor. Dieser Ausschluss kann zum Beispiel deshalb erfolgen, weil das entsprechende Unternehmen bestimmte Produkte herstellt oder gegen internationale Normen und Standards verstößt, wie sie von OECD, ILO, UN und anderen Organisationen oder staatlichen Institutionen definiert werden.

Beispielhaft eine Auflistung möglicher Ausschlusskriterien für Unternehmen:

  • Auschluss bei Verletzung internationaler Normen
    • ILO (Sonderorganisation der Vereinten Nationen) Arbeitsstandards inkl. Kinderarbeit und Zwangsarbeit
    • Menschenrechte
    • Umweltschutz
    • Korruptionsbekämpfung
    • Streubomben, Landminen
  • Ausschluss bei Tätigkeit in kontroversen Geschäftsfeldern
    • Nuklearenergie
    • Tierversuche für kosmetische Zwecke
    • Rüstungsgüter
    • Pornographie, Tabakproduktion, Glücksspiel, Alkoholproduktion
    • Kontroverse Gentechnik

Aus diesen Ausschlusskriterien können dann ganze Profile zur Auswahl „nachhaltiger“ Unternehmen erstellt werden, in denen dann auch gewisse Schwellenwerte, zum Beispiel in Bezug auf den Konzernumsatz, definiert, werden. Desweiteren kann hier auch festgelegt werden, ob Tochterunternehmen, strategische Beteiligungen oder sogar (falls überhaupt umsetzbar) die gesamte Lieferkette mit in diese Analyse einbezogen werden.

Konkrete „nachhaltige“ Anlageprozesse in der Praxis Teil 2: „Best-In-Class“

Eine weitere Möglichkeit Investments zu bewerten ist der Best-in-Class-Ansatz. Hier werden die Unternehmen und Schuldner höher bewertet, die besonders führend bezüglich Umwelt-, Sozial- und Governanceaspekten sind. Als beispielhafte Fragenstellungen sind hier die Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter, die Unabhängigkeit des Aufsichtsrates, das etablierte Umweltmanagement oder die Maßnahmen gegen Diskriminierung zu nennen. Allerdings ist zu bedenken, dass im „Best-in-Class-Ansatz“ in der Regel auch in Branchen investiert wird, in welche gemäß der Anwendung der einfachen Ausschlusskriterien nicht investiert wird (!). Konkret wird dann zum Beispiel nach demjenigen Nuklear-Unternehmen gesucht, welches in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung die besten Noten erhält. Gemäß Anwendung der Ausschlusskriterien würde hingegen in die gesamte Branche nicht investiert.

Konkrete „nachhaltige“ Anlageprozesse in der Praxis Teil 3: „Impact Investing“

Ein weiterer Ansatz in der nachhaltigen Geldanlage ist das Impact Investing. Hierbei handelt es sich um Investitionen in Unternehmen und Organisationen, bei denen neben einer angemessenen Rendite auch die Absicht besteht, durch diese Investition positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft zu erzielen. Diese Auswirkungen werden gemessen, wodurch sich das Impact Investing von der rein renditegetriebenen Geldanlage aber auch von Spenden unterscheidet bzw. deren Lücke schließt. Beispielhaft können hier die Mikrofinanz, Community Investing und Social Business genannt werden. Wobei zu erwähnen ist, dass Impact Investing eher schwierig durch klassische Anlageprodukte wie z.B. Investmentfonds dargestellt werden kann.

Zum Abschluss eine besondere Wirkungsweise: Das „Engagement“

Einen besonderen Hinweis möchten wir noch zum sogenannten „Engagement“ geben (was gerade große Asset-Manager gerne als besondere Tätigkeit werbewirksam herausstellen). Hierbei geht es um einen langfristigen Dialog zwischen Investoren bzw. den Asset-Managern und den Unternehmen. Ziel ist es hierbei, die Unternehmenslenker für die Berücksichtigung von ESG-Kriterien zu gewinnen. Dies geschieht unter anderem durch den direkten Kontakt zu den Unternehmen, z.B. bei Unternehmenspräsentationen oder mittels Redebeiträgen auf Hauptversammlungen aber auch durch Gespräche mit anderen Organisationen und Entscheidungsträgern aus Wirtschaft und Politik. Bedenkenswert ist hierbei allerdings, dass ein Asset-Manager zum Beispiel für den Redebeitrag auf der Hauptversammlung auch am entsprechenden Unternehmen beteiligt sein muss. D.h. es wird zunächst auch in Unternehmen investiert, welche in den ESG-Kriterien noch großen Nachholbedarf haben.  Ein durchaus konträrer Ansatz zu den zuvor dargestellten „Ausschlusskriterien“.

Wir würden uns freuen, Sie auch beim dritten Teil unserer kleinen Reihe zum Thema nachhaltige Geldanlage als Leser begrüßen zu dürfen.

Quellen: Forum Nachhaltige Geldanlagen, Gabler Wirtschaftslexikon, Union Investment