Die Schuldenobergrenze ist eine gesetzlich festgelegte Obergrenze für Brutto-Schulden der US-Regierung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Sie existiert seit 1917 und soll das US-Finanzministerium davon abhalten, zu hohe Ausgaben zu tätigen. Allerdings begrenzt die Schuldenobergrenze nicht direkt die staatlichen Defizite, da in den USA die Ausgaben durch gesonderte Gesetze genehmigt werden.
100 mal angepasst – und nur selten herabgesetzt
Bei Erreichen der Grenze wird diese in der Regel angepasst. Meist geschieht dies „geräuschlos“ und unbemerkt von der Öffentlichkeit. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben Kongress und Präsident die Schuldenobergrenze nach Angaben des Congressional Research Service mehr als 100 mal geändert, dabei wurde sie nur 5 mal herabgesetzt. Zum Ende des Zweiten Weltkriegs lag die Schuldenobergrenze noch bei 300 Mrd. US-Dollar. Es dauerte 36 Jahre, bis sie auf eine Billion Dollar stieg, aber nur 27 Jahre, bis sie 10 Billionen Dollar erreichte. Seit Dezember 2021 beträgt die Schuldenobergrenze der USA 31,381 Billionen Dollar – und diese Grenze wurde am 19. Januar 2023 erreicht.
Grenze erreicht – was nun?
Sobald die Grenze erreicht wird, muss beschlossen werden, ob das Limit angehoben werden soll oder nicht. Die Republikaner, die seit den Zwischenwahlen im vergangenen November die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, verweigern die Zustimmung zur Anhebung der Schuldenobergrenze, solange US-Präsident Joe Biden nicht deutlichen Ausgabenkürzungen im US-Haushalt zustimmt. Bis zu diesem Beschluss ist es der Regierung jedoch nicht gestattet, neue Schulden auszugeben. Da sie aber weiterhin Ausgaben hat, die nicht vollständig durch (Steuer- und Gebühren-)Einnahmen gedeckt sind, muss sie sogenannte „außerordentliche Maßnahmen“ ergreifen, um die Ausgaben zu strecken. Beispielsweise durch die vorübergehende Aussetzung bestimmter Projekte bzw. Zahlungen. Je nach den konkreten Gegebenheiten könnte dadurch ein Aufschub von einigen Wochen oder Monaten erreicht werden.
Ein Government Shutdown verursacht i.d.R. hohe wirtschaftliche Kosten
Mit diesen außerordentlichen Maßnahmen muss das US-Finanzministerium (Treasury) nun arbeiten. Finanzministerin Janet Yellen sagte, es sei sehr unsicher, wie viel zeitlichen Spielraum diese Notmaßnahmen den Parlamentariern geben werden, um doch noch eine Einigung zu erreichen und damit einen Zahlungsausfall der USA zu verhindern. Sind die außerordentlichen Maßnahmen ausgeschöpft und ein Beschluss zur Erhöhung der Grenze liegt noch nicht vor, werden die USA eingeschränkt zahlungsunfähig. In diesem Fall gehen die meisten Bundesbehörden in den sogenannten Government Shutdown. Hierbei schränkt die US-Bundesregierung alle Aktivitäten, Tätigkeiten und Dienstleistungen ihrer Behörden ein, die nicht unbedingt erforderlich sind. Die jeweiligen Beschäftigten werden unbezahlt freigestellt oder entlassen. Auftragnehmern, die staatliche Dienstleistungen erbringen, wird gekündigt. Nur in Bereichen, die sich mit der Sicherheit von Menschenleben oder dem Schutz von Eigentum befassen, wird das absolute Minimum an Arbeitskräften weiterbeschäftigt. Auch freiwillige Dienstleistungen im Staatsauftrag dürfen nur ausgeführt werden, wenn sie für die Sicherheit von Menschen oder Eigentum erforderlich sind. Die Folgen eines Government Shutdown können gravierend sein. Tendenziell dürften mit der Dauer eines Shutdown die wirtschaftlichen Kosten überproportional zunehmen.
Was sind die Auswirkungen für den Kapitalmarkt?
Wie man sehen kann, haben weder die Ankündigung, dass die Schuldenobergrenze erreicht wird, noch das Erreichen der Schuldenobergrenze selbst die Märkte bisher sonderlich beeindruckt. Der politische Streit darum ist noch gar nicht voll entbrannt. Generell ist es so, dass ein politisches „Patt“, also Mehrheit im Senat bei der einen Partei und Mehrheit im Repräsentantenhaus bei der anderen Partei, insbesondere von den Aktienmärkten positiv gesehen wird. Denn wenn die Politik mit sich selbst beschäftigt oder handlungsunfähig ist, haben Wirtschaft und Börsen keine Querschläge zu erwarten. Auch die Anleihemärkte haben es in den vergangenen Jahrzehnten honoriert, wenn ein politisches „Patt“ die Bereitschaft bzw. Möglichkeit zu höheren Staatsausgaben, gezügelt hat. In diesen Phasen fielen die Anleiherenditen tendenziell. Ob dies allerdings auch nach der Zinswende noch gilt, bleibt abzuwarten. Im derzeitigen Politik-Klima in Washington dürfte es zu einer längeren Phase der Unsicherheit über Haushalt und Schuldenobergrenze kommen, da keine Seite nachzugeben bereit sein dürfte. Daher ist mit einer zeitweise erhöhten Nervosität an den Märkten zu rechnen, dies lässt sich an der Entwicklung der Risikoaufschläge von Kreditausfallversicherungen (CDS) auf US-Staatspapiere bereits ablesen. Wobei es durchaus noch einige Wochen oder gar Monate dauern kann, bis die Kapitalmärkte dieses Thema „spielen“.
An diesem Blog hat unsere neue Mitarbeiterin Ria Steinhauser fleißig mitgearbeitet, wir danken für die Researchtätigkeiten.
Quellen: Union Investment, Bloomberg, DZ Bank AG
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