Im Zentrum der aktuellen Auseinandersetzung der italienischen Regierung mit der EU-Kommission steht der italienische Vizepremier Matteo Salvini. Schon seit Amtsantritt der italienischen Regierung aus rechter Lega (deren Parteichef er ist) und linker Fünf-Sterne-Bewegung wettert Salvini gegen die EU: Die scharfen Schuldenregeln seien der Grund für Italiens Misere und müssten neu verhandelt werden. Aktueller Höhepunkt der Konfrontation: Die EU-Kommission leitete vergangene Woche ein Defizitverfahren gegen Italien ein, weil die Schulden 2018 gestiegen und nicht wie geplant gesunken sind. Das Land ist jetzt mit 132 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP) verschuldet. Erlaubt sind in der EU jedoch nur 60 Prozent. Das Strafverfahren kann am Ende zu milliardenschweren Zahlungen von bis 0,2 Prozent des Sozialprodukts und zur Kürzung von EU-Subventionen führen.
Die Pläne der Regierung kosten bis zu 70 Milliarden EUR
Die italienische Abgeordnetenkammer forderte daraufhin die Regierung auf, Rechnungen an Lieferanten künftig mit Schuldscheinen zu bezahlen. Diese könnten beliebig gedruckt und perspektivisch zum anerkannten Zahlungsmittel und somit zu einer Parallelwährung werden. Finanzminister Giovanni Tria hat jedoch umgehend erklärt, dass es keine Notwendigkeit für solche Schuldscheine gebe und auch keine Planungen dazu. Beobachter sehen darin eher den Aufbau eines „Druckmittels“ in den Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission. Diese werden sich in den nächsten Monaten vermutlich weiter fortsetzen. „Die Regierung wird – gestärkt durch den Wahlerfolg Salvinis bei den Europawahlen – nicht einlenken. Ziel ist, möglichst viel rauszuholen, ohne viel aufgeben zu müssen“ erwartet Stefan Bielmeier, Chefvolkswirt der DZ-Bank. Die römische Koalition braucht fast 70 Milliarden Euro, um Steuersenkungen, früheren Rentenbeginn und die Pläne für ein Grundeinkommen zu verwirklichen. Das jährliche Haushaltsdefizit könnte dadurch auf bis zu fünf Prozent des BIP steigen, obwohl es auf unter zwei Prozent sinken sollte. Es bleibt spannend, das Treffen der EU-Finanzminister am 09.07.2019 wird wohl ein weiteres Kapitel in diesem Buch mit sich bringen.
Was machen vor diesem Hintergrund die Renditen italienischer Staatsanleihen?
Druck auf Italien könnten hingegen die Finanzmärkte ausüben. Denn wenn Kapitalmarktinvestoren nicht mehr bereit sind, Schulden mitzutragen und in der Folge italienische Staatsanleihen massiv verkaufen, fallen deren Kurse bzw. steigen deren Renditen. Doch noch ist es nicht so weit wie die Entwicklung der Rendite für zehnjährige italienische Staatsanleihen in den zurückliegenden 12 Monaten zeigt:
Ein Grund hierfür sind die Käufe der italienischen Notenbank im Auftrag der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn fällige Papiere aus dem Ankaufprogramm für Staats- und Unternehmensanleihen werden weiterhin ersetzt. Doch jede Medaille hat eine zweite Seite: Laut Recherche der F.A.Z. halten ausländische Investoren inzwischen weniger italienische Staatsanleihen als vor einigen Jahren und die deutschen Banken haben laut Bundesbank ihre Kredite an italienische Unternehmen und Privatleute seit Ende 2010 um rund 40 Prozent reduziert.