Das Jahr 2022 wird im Kapitalmarktkontext als eines der schwierigsten Jahre in die Geschichte eingehen, denn es war das Jahr der „sich überlappenden Krisen“. Wir sahen eine außergewöhnliche Gemengelage verschiedener Belastungsfaktoren wie
- Anpassung von Barwertfaktoren infolge steigender Zinsen, die zu einem „Ausverkauf“ bei Technologieaktien führten
- dem eskalierten Ukrainekonflikt – dessen Ausgang derzeit völlig ungewiss ist
- explodierte Rohstoff- und Energiepreise und damit massiv gestiegene Inflationsraten – bis auf zweistellige Niveau´s in Europa
- die Zinswende vieler Notenbanken, welche zu hohen zweistelligen Kursverlusten bei grundsätzlich „sicheren“ Anleihen führte
- eine knallharte Durchsetzung der Null-Covid-Politik in China, welche dann überraschend im November aufgehoben wurde
- ein Eingreifen der britischen Notenbank, um das System der britischen Pensionskassen (und vielleicht sogar das gesamte britische Finanzsystem) zu retten
- die Aussicht auf eine Rezession in vielen Volkswirtschaften im aktuellen Winterhalbjahr
Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Hamburger Stiftung für Zukunftsfragen bestätigt: „64 Prozent der Deutschen blicken angstvoll auf 2023.“ Doch 2023 liegt noch vor uns und wir möchten an dieser Stelle kurz inne halten und nochmal den Blick auf die Kapitalmarktentwicklung des Jahres 2022 werfen und Ihnen die Komplexität anhand von Zahlen, Daten und Fakten veranschaulichen.
Übersicht ausgewählter Indizes
Nachfolgend zeigen wir Ihnen die Entwicklung verschiedener Indizes aus mehreren Anlageklassen im Kalenderjahr 2022. Es ist auffällig, dass es in dieser Übersicht nur wenige positive Vorzeichen gibt und gerade die Performance der Anleihenindizes weist eine Größenordnung auf, welche viele Jahrzehnte lang unvorstellbar war – immerhin herrschte nahezu 40 Jahre lang der Trend zu fallenden Zinsen (mit entsprechenden Kursgewinnen) vor:
Doch diese Übersicht erzählt nicht die ganze Wahrheit, denn sie zeigt lediglich die Differenz zweier Stichtage. Interessant ist mitunter die unterjährige Entwicklung, zumal der 24.02.2022 mit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine auch am Kapitalmarkt deutliche Spuren hinterlassen hat. Hierfür haben wir für Sie nachfolgend mehrere Grafiken bzw. Charts vorbereitet. Als Datenquelle verwenden wir die Grafiken von stock3.com, welche nachfolgend immer als Startdatum den 31.12.2021 aufweisen. Der 24.02.2022 ist als bessere Orientierung als vertikale Linie eingezeichnet.
Blick auf die internationalen Aktienmärkte
Wir beginnen mit dem Blick auf die Wertentwicklung diverser Aktienindizes, wobei wir bewusst nicht nach Kurs- und Preisindizes unterschieden haben. Unser Anliegen ist es, die Indizes, so wie sie in den Zeitungen oder auf öffentlich zugänglichen Internetseiten angezeigt werden, in ihrer unterjährigen Entwicklung zu zeigen. Überzeugen konnte in 2022 der britische Leitindex FTSE-100, enttäuscht hat der MDAX sowie die US-Technologiebörse Nasdaq. Doch auch die Aufholjagd des Hang-Seng-Index nach Verkündung der Beendigung der Null-Covid-Politik ist bemerkenswert, im Gegenzug wurden japanische Aktien im letzten Monat massiv verkauft.
Der Blick auf die Indizes und auf die Entwicklung einzelner europäischer Branchen zeigt: Lediglich die Branchen „Öl & Gas“, „Basic Ressources“ und „Banken“ konnten das Jahr 2022 mit positivem oder zumindest ausgeglichenem Ergebnis abschließen. Dies ist auch der Grund für die Entwicklung des britischen Index FTSE-100, denn hier sind einige Öl- und Rohstoffwerte notiert. Z.B. beträgt das Gewicht des Öl-Riesen „Shell PLC“ fast 10%. Das Gegenteil stellt die Technologiebranche dar, welche in Europa und in den USA zu den schwächsten Branchen zählte.
Die schlechte Wertentwicklung der Technologiebranche hatte im Übrigen auch Auswirkungen auf den „Weltindex“ MSCI All Country World Index (MSCI ACWI), wie Sie der nachfolgenden Grafik entnehmen können, welche die Attribution der wichtigsten Branchen des Gesamtindex zeigt:
Die letzte Aktien-Grafik beschäftigt sich mit dem Thema „Nachhaltigkeit“. Hierfür vergleichen wir die Entwicklung des DAX40 mit seinem nicht so ganz bekannten nachhaltigen Pendant „DAX50 ESG“. Da wir bereits oben bei den Branchen zeigen konnten, dass vor allem Energietitel bevorzugt wurden, sollte der „nachhaltige Index“ eine schlechtere Entwicklung in 2022 aufweisen. Und wie Sie unschwer erkennen können war das im vergangenen Jahr auch der Fall:
Blick auf die Renditeentwicklung von Staatsanleihen
Wie eingangs erwähnt, hat auch der Zinsmarkt wahre Kapriolen geschlagen. Nach den ersten massiven Zinsanstiegen zeigen Anleihen nun wieder attraktive (Nominal-)Renditen, doch der Weg dorthin war beschwerlich und führte zu hohen Kursverlusten bestehender Anleihen. In nachfolgenden Grafiken sehen Sie zunächst die Entwicklung der Renditen 10jähriger Staatsanleihen mehrerer Emittenten bzw. Staaten. Bitte beachten Sie, dass in beiden Grafiken das Renditeniveau am 31.12.21 bzw. am 03.01.22 (erster Handelstag in 2022) teilweise im negativen Renditeterrain beginnt:
Nachfolgend nun die Entwicklung der Renditen 2jähriger Staatsanleihen aus Europa und den USA, an welchen man ein Stückweit die Entwicklung sowie die Erwartung im Hinblick auf die Leitzinsentwicklung ablesen kann. Die Leitzinsen in den USA wurden siebenmal in Folge deutlich angehoben und liegen nun in einem Band zwischen 4,25% und 4,50%. Die Rendite 2jähriger Staatsanleihen liegt im Moment exakt innerhalb dieses Leitzinsbandes, wie Sie dem Chart entnehmen können:
Blick auf die Entwicklung ausgewählter Rohstoffe
Gerade am Rohstoffmarkt ist der Einfluss der Geschehnisse nach dem 24.02.2022 gut ablesbar. Bis zur Jahresmitte kannten die Preise wahrlich kein Halten mehr – um dann in der zweiten Jahreshälfte in teilweise atemberaubendem Tempo dem Krieg und der Inflation zum Trotz zu fallen und alle Kurssteigerungen wieder abzugeben. Ein sehr schönes Beispiel dafür, dass in 2022 am Kapitalmarkt eine hohe Nervosität vorherrschte und die „Favoriten“ mehrmals wechselten:
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