Angesichts der Gefechte im Osten der Ukraine, hat Russlands Präsident Wladimir Putin den nationalen Sicherheitsrat einberufen. Das Treffen solle noch am heutigen Montag stattfinden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge in Moskau. In Europa bemüht man sich hingegen weiterhin um eine diplomatische Lösung der aktuellen Krise. So hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, in seinen am Wochenende geführten Telefonaten versucht, ein Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Joe Biden und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zu organisieren. Dem Elysée-Palast in Paris zufolge hätten beide Staatslenker einem Gipfeltreffen grundsätzlich zugestimmt, doch der russische Regierungssprecher hat Meldungen hierüber als „verfrüht“ bezeichnet.
Die Meldungen der letzten Tage sind nicht beruhigend
Angesichts der Meldungen der vergangenen Tage kann von einer generellen Beruhigung der Lage leider nicht mehr gesprochen werden:
- Zunächst wird ein Truppenabzug an der Grenze zur Ukraine von russischer Seite versprochen, dann jedoch nicht umgesetzt
- Ein Militärmanöver in Belarus wird entgegen ursprünglicher Aussagen nicht beendet, sondern verlängert
- Vertreter der EU-Kommission haben am Wochenende erstmals klargestellt, dass im Falle einer militärischen Eskalation Russland vom internationalen Kapitalmarkt abgeschnitten wird
- Im Osten der Ukraine haben russische Separatisten zum bewaffneten Widerstand aufgerufen
- Moskau hat Kiew vor dem Hintergrund der Spannungen in der Ostukraine beschuldigt, einen russischen Grenzposten durch Granatenbeschuss zerstört zu haben
Wie lauten die Szenarien für den Kapitalmarkt?
Über das Ziel Wladimir Putins kann nur spekuliert werden. Geht es um den Osten der Ukraine? Ist Belarus das eigentliche Ziel? Soll die NATO zurückgedrängt werden? Oder soll gar der Zerfall der früheren UDSSR rückgängig gemacht werden? Wir wissen es nicht, allerdings sehen wir folgende große Einflussfaktoren auf die Kapitalmärkte in der nächsten Zeit:
- Die Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien könnten noch sehr lange Zeit andauern und somit noch monatelang für Unsicherheit sorgen
- Der russische Leitindex RTX ist in den vergangenen Tagen um 20% eingebrochen, d.h. trotz Dominanz der Energieaktien in diesem Index scheint man sich in Russland (nun?) sicher, dass mögliche Sanktionen Russland monetär und wirtschaftlich sehr hart treffen werden
- Doch auch Europa würden wirtschaftliche Sanktionen gegenüber Russland hart treffen – härter als die USA
- Kurzfristig würde fehlendes Gas aus Russland zu weiteren Energiepreisanstiegen und somit zu einer sich weiter erhöhenden Inflation führen, was wiederum die Gefahr einer Stagflation erhöht
Insgesamt eine unübersichtliche Gemengelage, aus welcher in kaum einem Szenario ein „Sieger“ hervorgehen sollte. Lediglich die USA können sich bei einem Konflikt, der sich in der Ukraine abspielt, entspannt zurücklegen. Denn die Ukraine ist kein Mitglied der NATO, Europa wäre auf zusätzliches Gas aus den USA angewiesen und die Verflechtungen der USA mit Russland sind überschaubar (siehe Grafik oben). Dennoch ist es in Bezug auf den Kapitalmarkt kaum möglich, einen „wahrscheinlichen“ Verlauf zu deuten. Hoffnung gibt lediglich der Blick in den Rückspiegel. Denn in den vergangenen 5 großen Krisen wurden die Tiefststände an den Aktienbörsen in den beiden Monaten vor der letztendlichen Invasion erreicht. Sehen Sie selbst (in rot ist der US-Leitindex S&P500 dargestellt, die gestrichelte Linie ist der Tag der Invasion und der grau schraffierte Bereich ist der 2-Monatszeitraum vor der jeweiligen Invasion):
Allerdings muss berücksichtigt werden, dass in keinem der bisherigen Konflikte der letzten fast 60 Jahre die Energieversorgung Europas – und somit unser Wohlstand – gefährdet war.
In der Vermögensverwaltung bleiben wir neutral
Wie an dieser Stelle bereits mehrfach dargestellt, sind die „Risikotreiber“ unserer Anlagestrategien unsere Aktienpositionen. Und diese sind nicht übergewichtet, sondern neutral. Ergänzend haben wir weiterhin in allen Anlagestrategin Staatsanleihen oder zumindest staatsnahe Anleihen sowie signifikante Gold-Positionen. Und in unserer „Multi-Asset“-Anlagestrategie ist mit 10% Portfoliogewicht ein Absicherungsinstrument im Bestand, welches im Falle massiv fallender Aktienmärkte bei gleichzeitig massiv steigender Volatilität zweistellige Kursgewinne erzielen sollte. Ergänzend wurden unsere USD-notierten Produkte noch nicht in „EUR hedged“-Varianten getauscht, so dass wir von einer „safe haven“-Bewegung zu Gunsten des USD profitieren würden. In Summe würden wir daher unsere Ausrichtung durchaus als vorsichtig umschreiben, ohne jedoch im Fall einer schnellen Entspannung der Lage den Kursen hinterherlaufen zu müssen.