Japanische Verhältnisse in Europa

Die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen notierten Anfang April erneut im negativen Bereich. Zuletzt waren solch niedrige Renditestände im Oktober 2016 zu sehen (siehe Chart). Mit Blick auf die März-Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) wird klar, dass die zunächst angestrebte Normalisierung der Goldpolitik in weite Ferne gerückt ist.

Das langanhaltende Niedrigzinsumfeld lässt Diskussionen über eine „Japanisierung“ der Eurozone aufkommen. Vor genau 20 Jahren wagte die Bank of Japan (BoJ) es als weltweit erste Zentralbank, den Leitzins auf 0,00% zu senken. Die BoJ versuchte damit gegen niedrige Inflationsraten bzw. gegen Deflation anzukämpfen. Seitdem gab es immer wieder Versuche einen Ausweg aus der expansiven Geldpolitik zu finden, jedoch bisher ohne Erfolg.

Betrachtet man allerdings die makroökonomischen Gegebenheiten im Detail, so wird schnell deutlich, dass nur wenige Parallelen zwischen Europa und Japan gezogen werden können. Eine zunehmende Belastung des Wirtschaftswachstums aufgrund der demographischen Entwicklung und der strukturell abnehmenden Produktivität ist auf beiden Seiten zu beobachten. In Bezug auf Immigration und Ausweitung der Lebensarbeitszeit sowie einer robusten Lohnentwicklung ist Europa aber einen Schritt voraus.   

Auch die Herangehensweisen der Notenbanken sind zu unterscheiden. Man könnte sagen, dass die EZB bereits aus den Erfahrungen Japans gelernt hat und zuletzt deutlich aggressiver in Krisen vorgegangen ist. Dies hat jedoch auch in der Ertragslage der Staatsanleihen seine Spuren hinterlassen. Während es in Europa binnen weniger Jahre zu einer deutlichen Verflachung der Zinsstrukturkurve kam und damit die Erträge für die Zukunft begrenzt sind, hat es in Japan rund 14 Jahre gedauert bis eine solch flache Zinsstrukturkurve erreicht war. So konnten Investoren japanischer langlaufender Staatsanleihen gleich doppelt profitieren und über viele Jahre hinweg sowohl Laufzeitenprämien als auch Zinsänderungsprämien vereinnahmen.

Losgelöst vom Niedrigzinsumfeld und aller damit verbundenen Diskussionen muss man allerdings eingestehen, dass insbesondere deutsche Staatsanleihen gerade in den Krisenzeiten der Kapitalmärkte als sicherer Hafen weiterhin willkommen sind und sich dann starker Nachfrage erfreuen, wie die positive Wertentwicklung des Index für deutsche Staatsanleihen „REXP“ im Jahr 2018 zeigt: