Gründe für das Niedrigzinsniveau

Auf nachfolgender Grafik sind die Renditen 10jähriger Staatsanleihen der USA (blau), Deutschlands (orange), Australiens (gelb), der Schweiz (dunkelgrau) und Großbitanniens (dunkelblau) in den letzten 30 Jahren dargestellt:

Quelle: Bloomberg, Zeitraum 02.12.1989 – 02.12.2019, generische (also abgeleitete) Renditen 10jähriger Staatsanleihen

Der Grafik ist zu entnehmen, dass das durchschnittliche Renditeniveau der betrachteten Staatsanleihen in den vergangenen 30 Jahren signifikant um rund 6% gefallen ist.

Was sind die Gründe für den Zinsrückgang?

Die Bank of England ließ bereits im Jahr 2015 einen wissenschaftlichen Artikel zu den Gründen des Rückgangs des Zinsniveaus erstellen. Die einfache Erklärung lautete, dass der sog. „natürliche Zinssatz“, also die Zinsrate, die das Produktionspotential voll auslastet ohne inflationär zu wirken, seit Jahrzehnten stark rückläufig ist. Als wesentliche Einflussfaktoren hierfür wurden identifiziert:

  • Rückgang der Inflation
  • Rückgang des durchschnittlichen Wirtschaftswachstums der Industriestaaten (in Folge geringerer kapitalintensiver Investitionen, dafür einem gestiegenen Dienstleistungssektor)
  • Anstieg der Sparquoten in Folge des demografischen Effektes bzw. der Langlebigkeit, da die gestiegene Lebenserwartung zu längerer Ruhestandsphase führt
  • Geändertes Anlageverhalten der Kapitalsammelstellen (Pensionskassen, Rentenkassen, Lebensversicherungen, etc.) , da sich diese an der längeren Lebenserwartung ihrer Kunden orientieren müssen
  • Leistungsbilanzüberschüsse der Schwellenländer mit der Folge steigender Währungsreserven und niedrigerem Finanzierungsbedarf über Ausgabe neuer Staatsanleihen

Vor wenigen Tagen hat der neue Chefvolkswirt der Europäischen Zentralbank (EZB), Philip Lane, in einer Dinnerrede in Dublin dieses Thema erneut aufgegriffen und aus Sicht der EZB bestätigt (siehe www.ecb.europa.eu/press/key/date/2019).

Wird sich dieser Trend in absehbarer Zeit umkehren?

Offen und ehrlich gesagt lässt die Betrachtung der oben genannten Gründe wenig Hoffnung aufkommen, denn es handelt sich um strukturelle Einflüsse, welche sich grundsätzlich nicht kurzfristig ändern (können). Bereits die Autoren der Studie des Jahres 2015 wiesen in Ihrer Zusammenfassung darauf hin:

„This suggests that the global neutral rate may remain low and perhaps settle at (or slightly below) 1% in the medium to long run.“

L. Rachel / T.D.Smith in Staff Working Paper No. 571, „Secular drivers of the global real interest rate“