Eine Nachlese zum Fall „SVB“

Über die „Pleite“ der Silicon Valley Bank (SVB) hatten wir vor wenigen Tagen berichtet. Einige Handelstage später lauten die Fakten wie folgt:

  • die US-Aktienmärkte waren sehr nervös, konnten sich jedoch recht schnell wieder stabilisieren
  • in den USA haben mehrere Großbanken die ebenfalls angeschlagene „First Republic Bank“ mit rund 30 Mrd. USD gestützt
  • in Europa kam es am Donnerstag und Freitag aufgrund mehrerer Meldungen in Bezug auf die schweizer Großbank Credit Suisse zu einem kleinen Ausverkauf
  • die rund 166 Jahre alte Geschichte der Credit Suisse fand im Zuge der „Notübernahme“ durch die UBS an diesem Wochenende ein jähes Ende
  • am heutigen Tag beruhigten sich die Nerven der Aktienmarktakteure und die Kurse steigen wieder

Anders formuliert: es fegte ein kurzer Wirbelsturm über uns hinweg. Ob dieser nochmals an Fahrt aufnimmt ist noch nicht absehbar, aber in Anbetracht der Sitzung der US-Notenbank FED in dieser Woche wird die Spannung sicherlich hoch bleiben.

Die „Achillesverse“ der SVB war am Markt bekannt

Um die Geschehnisse der vergangenen Tage aber korrekt einordnen zu können, möchten wir den Fall SVB nochmals kurz beleuchten. Und ohne in die Ecke der Verschwörungstheoretiker gedrängt zu werden dennoch eine mutige Frage stellen: War die Pleite der SVB absehbar und wurde sie evtl. bewusst durch einige Marktakteure herbeigeführt analog der Pleite eines short-Vola-ETFs im Januar 2018? Zumindest sollte folgende Grafik zum Nachdenken anregen:

In der Grafik, welche einem Research-Paper von JP Morgan entnommen wurde, ist deutlich zu sehen, dass in Bezug auf die SVB (vierte Spalte von links) unter Berücksichtigung der (zu diesem Zeitpunkt) unrealisierten Verluste auf die Wertpapiere im Eigenbestand (Securities) die offizielle Kapitalquote (blauer Punkt) von rund 12% auf ca. 0% (gelber Punkt) fällt. Also klare Botschaft: Die SVB hat einen hohen Wertpapierbestand, welcher im Fall eines ad-hoc-Verkaufs das gesamte Eigenkapital der Bank aufzehren wird. Dieses Research-Paper wurde Ende Januar / Anfang Februar veröffentlicht und stand somit vielen Investoren, Analysten und Hedgefonds zur Verfügung. Sollten Sie sich nun fragen, wie es zu der Pleite kommen konnte, dann hilft mit Sicherheit folgende Grafik der Financial Times:

Quelle: FT / Financial Times

Die SVB hatte die Schwierigkeit zu meistern, dass ihre Zielgruppe (Start Up´s, Wagniskapital, Technologieszene, etc.) vor allem nach dem „Internet-Boom“ in Folge der Corona-Pandemie fleißig Einlagen (Deposits – blaue Linie) parkte aber nur geringfügig Kredite (Loans – hellblaue Linie) in Anspruch nahm. Das „übrige“ Geld wurde daher in Wertpapiere (Securities – rote Linie) investiert. Grundsätzlich ein normaler Vorgang. Doch ein derartiges Verhältnis Loans zu Deposits haben unserer Kenntnis nach keine großen systemrelevanten Banken in ihren Büchern, weshalb die SVB einen Einzelfall darstellt und unseres Erachtens grundsätzlich keine neue Finanzkrise wie im Jahr 2008 droht.

Die einzige Gefahr: Der Dominoeffekt

Wie die Entwicklungen rund um die Credit Suisse zeigen, sind jedoch sog. Domino-Effekte möglich – und diese können durchaus für Turbulenzen an den Kapitalmärkten führen. Und die Turbulenzen der letzten Tage waren heftig. So kam es in der letzten Woche zur größten Tagesveränderung der Renditen für 2jährige US-Staatsanleihen seit 1987 – dem sogenannten „Black Friday“. Sehen Sie selbst:

Quelle: DWS Investment GmbH

Wir haben die beiden „Ausreißer“ mit einer schwarzen Elipse gekennzeichnet. Derartige Bewegungen kommen nur ganz selten vor und zeugen von der hohen Nervosität, die am Markt in den letzten Tagen herrschte. Doch zurück zum Domino-Effekt und der Credit Suisse, welche schon seit Jahren mit hohen Kosten, niedrigen Erträgen, Skandalen und einer unklaren Geschäftsstrategie zu kämpfen hatte. Nicht umsonst entwickelte sich der Aktienkurs im Gegensatz zur profitablen und fokussierten UBS wie folgt:

Seit Anfang 2021 spiegelte der Aktienkurs die massiven Probleme der Credit Suisse, weshalb ihr Untergang unter Kapitalmarktakteuren wohl nur eine kleine Überraschung sein dürfte. Entscheidend wird nun sein, ob die rund 16 Mrd. EUR Eigenkapital-Anleihen (Tier1), welche einen Totalausfall erleiden werden, breit über viele Investoren hinweg gestreut oder zentriert bei wenigen Adressen in den Büchern liegen. Sollte dies der Fall sein, kann der Dominoeffekt weiter gehen. Anderenfalls sollte sich die Aufregung um die Banken in den kommenden Tagen zügig legen. Was jedoch nicht bedeutet, dass uns die Volatilität abhanden kommen wird.

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