Bankenpleite in den USA

Wie gewonnen, so zerronnen – das könnte man in Bezug auf die US-amerikanischen Aktienleitindizes sagen. Was meinen wir damit? Am Beispiel des S&P500 möchten wir dies kurz erklären: Ende Januar 2023 überhandelte der S&P500 die 200-Tagelinie (sowohl linearer als auch exponentieller Durchschnitt). Damit entstand ein klassisches Kaufsignal. Die Korrektur und das „antesten“ der 200-Tagelinie von oben im Lauf des Februar ist dabei ein normaler Vorgang. Doch leider fiel der Leitindex in den beiden vergangenen Tagen wieder deutlich unter diese Linien – und zwar mit hoher Dynamik. Damit ist dieses Kaufsignal aller Voraussicht nach passé. Sehen Sie selbst:

Quelle: stock3

Mit der grauen Elipse haben wir den Bereich markiert, welchen der S&P500 normalerweise nun anlaufen sollte – und in welchem die Chance auf eine Stabilisierung besteht.

Doch was war der Grund bzw. die Gründe für den Abverkauf der letzten Tage?

Der Aktienkurs der SVB Financial hat sich am 09.03.2023 mehr als halbiert, nachdem die Bank mitgeteilt hatte, dass sie ein Anleihenportfolio im Wert von 21 Mrd. Dollar verkaufen musste, um ihre Liquidität zu sichern. Dabei entstand ein Verlust von 1,8 Mrd. Dollar vor Steuern, weshalb die SVB eine Aktienemission im Wert von 1,75 Mrd. Dollar lancierte, um diesen Verlust zu kompensieren. In Folge riefen einige Investoren der Bank und Hedgefondsmanager zum Verkauf der SVB-Aktien auf. Erinnerungen an die Finanzmarktkrise 2008 kamen plötzlich wieder auf, was zu ordentlichem Verkaufsdruck auf Banken in den USA und Europa führte. Wie die US-Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) am Freitagabend mitteilte, wurde die Silicon Valley Bank (die operative Tochter von SVB Financial) von Behörden des US-Bundesstaates Kalifornien am Freitag geschlossen. Wie der Finanzexperte Charlie Bilello auf Twitter schrieb, handelt es sich um die zweitgrößte Bankenpleite (Hinweis: dies bezieht sich nur auf Banken mit Kundeneinlagen, nicht auf Investmentbanken) der US-Geschichte. Nur die Bank Washington Mutual, die im Zuge der Finanzkrise von 2008 geschlossen wurde, hatte mit 307 Mrd. USD noch mehr Vermögenswerte als die Silicon Valley Bank.

Doch die Unsicherheit aufgrund der Probleme der SVB war nicht das einzige Thema

Nach der SVB Financial hat es am Freitag die Aktien einer weiteren regionalen Bank im US-Bundesstaat Kalifornien heftig erwischt. Die Papiere der First Republic Bank notierten zeitweise mehr als 50 % im Minus. Dieses Thema scheint also noch nicht ausgestanden zu sein. Zuvor wurde jedoch die Inflations- bzw. Zinsangst wieder in das Zentrum der Diskussionen gestellt. Am zweiten Tag seiner Anhörung vor dem US-Kongress sagte Notenbankchef Jerome Powell, dass über den Umfang der Leitzinserhöhung am 22. März noch keine Entscheidung getroffen worden wäre und die nächsten Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten entscheidend seien. Der danach veröffentlichte Bericht des auf Lohnabrechnungssoftware spezialisierten Unternehmens ADP heizte dann die Diskussionen an. Denn gemäß diesem Bericht wurden im Februar außerhalb der Landwirtschaft 242.000 neue Stellen aufgebaut. Die Erwartungen des Marktes (200.000 neue Stellen) wurden damit deutlich übertroffen, und zudem fand mehr als eine Verdoppelung gegenüber Januar statt.

Starke Arbeitsmärkte lassen die Gefahr einer weiterhin hohen Kerninflation größer werden, wodurch die US-Notenbank wohl doch länger und weiter an der „Zinsschraube“ drehen könnte. Grundsätzlich nur bedingt gute Nachrichten für den Aktienmarkt. Wie Sie an der folgenden Grafik erkennen können, sind daher die Leitzinserwartungen an den US-Zinsmärkten spürbar angestiegen:

Quelle: DWS Investment GmbH

Unser Fazit und unser Rat an Sie

Wir sind seit einigen Monaten mit dem Szenario „volatile Bodenbildung“ unterwegs und haben daher schon länger die Aktienquoten in unserer Vermögensverwaltung auf neutralen Quoten. Wir haben jedoch immer dazu geraten, in Anbetracht der hohen Komplexität der aktuellen Situation alle Positionen eng zu „monitoren“ und ggbfls. flexibel zu agieren. Genau dies tun wir auch und stellen einige unserer Positionen derzeit in Frage. Allerdings macht es die am Dienstag, 14.03.2023, zur Veröffentlichung anstehende US-Inflationsrate sowie die am 22.03.2023 stattfindende Sitzung der US-Notenbank nicht einfacher. Denn jeder Funken Hoffnung, der dafür spricht, dass die Leitzinserhöhungen in den USA doch zu einem Ende kommen, führt zu massiven Kurssteigerungen an den Aktienbörsen – wie wir seit November 2022 erleben können. Die Fakten sprechen im Moment dafür, dass die aktuelle Korrektur an den US-Börsen noch ein wenig anhält, und ob sich die europäischen Märkte dieser Bewegung weiterhin entziehen können, bleibt abzuwarten. Von daher ist weiterhin Flexibilität – aber auch ein wenig Ruhe und ein kühler Kopf erforderlich.

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